Leitfaden zum Verhalten in der Verbandsarbeit des Deutschen Asphaltverbandes (DAV) e. V.
Präambel
Der Deutsche Asphaltverband (DAV) e.V. ist die Interessenvertretung der deutschen Asphalt produzierenden und Asphalt verarbeitenden Industrie – von der Herstellung bis zur Wiederverwertung. Der DAV ist der Ansprechpartner für die Asphaltindustrie und ihre Partner in den Straßenbauverwaltungen von Bund, Ländern und Gemeinden sowie Informationsvermittler für Mitglieder und Kunden über den Baustoff Asphalt und die Asphaltbauweise durch Veranstaltungen, Broschüren und den Internetauftritt www.asphalt.de. Er vermittelt Informationen für Mitglieder und deren Kunden, die Straßenbauverwaltungen, die ausschreibenden Ingenieurbüros und weitere am Baustoff Asphalt interessierte Kreise. Ferner erhalten die Mitglieder das elektronische dav-info, das anlassbezogen über asphalttechnologische, maschinentechnische, wirtschaftliche und umweltrechtliche Themen informiert.
Satzungsgemäß vertritt der DAV dabei die Interessen seiner Mitglieder und nimmt somit seine durch Art. 9 Grundgesetz geschützte Aufgabe, Bindeglied zwischen Wirtschaft und Politik, Legitimationsplattform ehrenamtlicher Repräsentation eines Wirtschaftszweigs und Ort der Meinungsbildung über gesetzgeberische Maßnahmen oder Maßnahmen der Verwaltung zu sein, wahr. Der DAV erfüllt damit - wie Verbände im Allgemeinen - eine wichtige Funktion und trägt zur demokratischen Willensbildung bei.
Der DAV bekennt sich zu einer auf Wettbewerb zwischen Unternehmen basierenden Wirtschaftsordnung. Selbstverständlicher Teil der Verbandsarbeit ist dabei die Einhaltung aller rechtlichen Anforderungen. Hierzu gehört natürlich auch die Einhaltung aller kartellrechtlichen Vorschriften im Rahmen der Arbeit des DAV.
Die Mitglieder des DAV haben daher auf ihrer Mitgliederversammlung am 28. Februar 2018 eindeutige, für alle Mitglieder verbindliche Regeln für die Verbandsarbeit verabschiedet, die in diesem Leitfaden zusammengestellt sind. Er richtet sich an alle hauptamtlichen Mitarbeiter des DAV sowie an alle ehrenamtlich in die Verbandsarbeit eingebundenen Mitarbeiter von Mitgliedsunternehmen. Er gilt für alle Veranstaltungen des DAV, insbesondere die jährliche bundesweite Mitgliederversammlung, die jährlichen Mitgliederversammlungen der fünf Regionalvertretungen, die Präsidiumssitzungen, die Vorstandssitzungen der fünf Regionalvertretungen, die Sitzungen der Arbeitsgruppen Asphalttechnik, Maschinen und Umwelt und Wirtschaft und Recht, Informationsveranstaltungen wie das Asphaltseminar und die alle zwei Jahre stattfindenden Deutschen Asphalttage sowie alle ad-hoc-Arbeitsgruppen, Projektgruppen etc.
Die Inhalte des Leitfadens berühren grundsätzlich nur das Verhalten innerhalb der Verbandsarbeit. Das Verhalten der Unternehmen untereinander kann dieser Leitfaden nicht regeln. Über die Anwendung des Leitfadens hinaus besteht für die Unternehmen daher die Aufgabe, eine entsprechende Eigenkontrolle vorzunehmen und das mit Wettbewerbern in Kontakt stehende Personal entsprechend zu schulen.
1. Kartellrechtliche Grundlagen der Verbandsarbeit
Die Tätigkeit des DAV wie die jedes Industrieverbandes muss sich an die kartellrechtlichen Beschränkungen der §§ 1 sowie 19 bis 21 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie der Artikel 101 und 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (VAEU) halten.
Sowohl das deutsche als auch das EU-Kartellrecht untersagen grundsätzlich Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder ein Verfälschen des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken. Dieses Verbot gilt für Wettbewerber und Nicht-Wettbewerber gleichermaßen. Es bedeutet insbesondere, dass unmittelbare Vereinbarungen oder Beschlüsse in Bezug auf Preise, Preisbestandteile, Rabatte, Konditionen oder Gebietsaufteilungen nicht zulässig sind. Zu den wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen zählt allerdings auch bereits der Austausch sensibler Informationen, die es dem Wettbewerber ermöglichen, durch Kenntnis dieser Information Schlussfolgerungen für sein eigenes Marktverhalten zu ziehen oder ein beabsichtigtes Marktverhalten abzusichern. Als sensible Informationen sind z. B. Informationen zu Kunden, Absatz, Produktion oder sonstige Wettbewerbsparameter einzustufen, wobei diese Aufzählung nicht abschließend ist.
Kein Thema dieses Leitfadens sind mögliche vom Kartellrecht zugelassenen Ausnahmen von den vorgenannten Verboten sowie die Vorschriften zur Fusionskontrolle.
Die Bestimmungen des VAEU können zudem für die Mitwirkung des DAV im Europäischen Dachverband European Asphalt Pavement Association (EAPA) Bedeutung entfalten. Die EAPA befasst sich im Wesentlichen mit asphalttechnologischen (z. B. Normung) und maschinentechnologischen Fragen sowie dem gesamten Komplex Health, Safety and Environment.
2. Verbandssitzungen
2.1 Einladung zu Verbandssitzungen
Die Mitarbeiter der Verbandsgeschäftsstelle laden rechtzeitig schriftlich, in der Regel elektronisch, zu Gremien- bzw. Verbandssitzungen ein. Jede Sitzung muss eine schriftliche Tagesordnung haben. Die Mitarbeiter der Geschäftsstelle des DAV e.V. werden dabei stets dafür Sorge tragen, dass die Tagesordnung und die Sitzungsunterlagen klar und unmissverständlich formuliert sind und keine kartellrechtlich bedenklichen Punkte enthalten.
2.2 Verbandssitzungen und Protokolle
• Bei Sitzungen des Verbandes ist stets zumindest ein hauptamtlicher Mitarbeiter des Verbandes anwesend und trägt - gemeinsam mit dem Sitzungsleiter - Sorge dafür, dass die Tagesordnung eingehalten und das Sitzungsprotokoll die Sitzung und die gefassten Beschlüsse korrekt und vollständig wiedergibt. Die Tagesordnung soll einen Hinweis auf die Kartell-Compliance des Verbandes enthalten und durch den Sitzungsleiter kurz erörtert werden. Die Geschäftsführung des Verbandes stellt durch regelmäßig stattfindende Kurzschulungen der Teilnehmer (durch mit dem Kartellrecht vertraute Personen) sicher, dass eine für die Sitzungen angemessene Kenntnis der Compliance-Grundsätze anzunehmen ist.
• Protokolle sind zeitnah an alle Teilnehmer zu verschicken, diese überprüfen die Sitzungsinhalte auf korrekte Wiedergabe, Die Sitzungsteilnehmer weisen den Sitzungsleiter bzw. Mitarbeiter der Verbandsgeschäftsstelle unverzüglich auf unvollständige oder falsche Protokollierung hin und fordern eine Korrektur ein.
• Die hauptamtlichen Verbandsmitarbeiter achten gemeinsam mit dem Leiter der Sitzung darauf, dass während der Sitzung von der schriftlichen Tagesordnung nicht abgewichen wird. Sollte durch die anwesenden Teilnehmer eine Abweichung von der Tagesordnung gewünscht werden, so ist diese schriftlich festzuhalten und zu protokollieren. Eine Änderung der Tagesordnung ist unmittelbar auf kartellrechtliche Zulässigkeit zu überprüfen.
• Ebenfalls achten die hauptamtlichen Verbandsmitarbeiter gemeinsam mit dem Sitzungsleiter darauf, dass wettbewerbsrechtlich unzulässige Themen nicht - auch nicht spontan - behandelt werden und es insbesondere nicht zu unzulässigen Beschlüssen oder Absprachen kommt.
• Alle Teilnehmer der Sitzung, insbesondere aber der Sitzungsleiter und die hauptamtlichen Verbandsmitarbeiter, sind verpflichtet, einzuschreiten, wenn nach ihrer Rechtsauffassung wettbewerbsrechtlich unzulässige Themen besprochen werden sollen. Sollten Sitzungsteilnehmer Bedenken über die besprochenen Inhalte haben, sind diese aufgefordert, diese sofort zu äußern, um einen kartellrechtlich einwandfreien Verlauf der Sitzung zu gewährleisten. Im Protokoll sind solche Äußerungen festzuhalten, ebenso, wenn ein Teilnehmer die Sitzung aufgrund kartellrechtlicher Bedenken verlässt.
• Wird in der Sitzung entgegen der Intervention des Sitzungsleiters und / oder des hauptamtlichen Verbandsmitarbeiters die Besprechung wettbewerbsrechtlich zweifelhafter Themen fortgesetzt, muss der hauptamtliche Verbandsmitarbeiter die Sitzung verlassen. Der Sitzungsleiter hat in diesem Fall die Sitzung außerordentlich zu beenden. Beides ist im Sitzungsprotokoll zu vermerken.
2.3 Do’s und Dont‘s: Zulässige und unzulässige Themen einer Verbandssitzung
2.3.1 Zulässige Themen einer Verbandssitzung
Unternehmen dürfen im Rahmen der Verbandsarbeit grundsätzlich Informationen zum jeweiligen Themenkreis austauschen. Dieser Austausch kann sich beispielsweise beziehen auf:
• Allgemeine Themen, die die konjunkturelle Situation in der Asphaltindustrie oder die allgemeine wirtschaftliche Lage betreffen.
• Erfahrungsaustausch und Diskussion über die Sicherheit, die Prüfung, technische Entwicklungen, Normen, umweltrechtliche Anforderungen.
• Fragen zu gemeinschaftlicher Forschung im vorwettbewerblichen Bereich zu den vorgenannten Themen.
• Aktuelle Gesetzesvorhaben und deren Folgen für die Gesamtheit der Mitgliedsfirmen.
• Diskussionen über Lobbyaktivitäten des DAV e.V.
• Ausarbeitung eines Branchenüberblicks.
• Allgemeiner Austausch von frei zugänglichen Daten nationaler und internationaler behördlicher Stellen, wissenschaftlicher Einrichtungen sowie Marktforschungsinstitute.
2.3.2 Unzulässige Themen einer Verbandssitzung
Unternehmen dürfen im Rahmen von Verbandssitzungen hingegen grundsätzlich keine Informationen zu Themen austauschen, die das Kartellrecht verletzen und bei denen es sich um unternehmensinterne Informationen oder Daten handelt. Auch dürfen sie keine unzulässigen Absprachen bzgl. dieser Parameter treffen. Hier wären insoweit zu nennen:
• Austausch von Informationen oder Absprachen bzgl. Kosten, Preisen, Preisbestandteilen, Preisstrategien und -kalkulationen sowie sonstigen Konditionen.
• Erörterung/Austausch konkreter Liefer- und Zahlungskonditionen aus Verträgen mit Kunden.
• Informationen über Unternehmensstrategien und zukünftiges Marktverhalten.
• Detaillierte Informationen über Gewinne, Gewinnmargen, Marktanteile und geplante Investitionen, sofern diese nicht öffentlich sind.
• Informationen über interne Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, aus denen Rückschlüsse für das künftige Marktverhalten gezogen werden können.
• Koordination von Angeboten gegenüber Dritten, Aufteilung von Märkten oder Bezugsquellen in räumlicher und personeller Hinsicht sowie ausdrückliches oder stillschweigendes Einvernehmen über Boykotte und Liefer- und Bezugssperren gegen bestimmte Unternehmen.
3. Marktinformationsverfahren / Verbandsstatistiken
Marktinformationsverfahren und sonstige Statistiken sind nur zulässig, wenn diese offiziell über den DAV e.V. geführt werden. Der DAV e.V. hat seinerseits die kartellrechtliche Zulässigkeit der Marktinformationsverfahren und Statistiken geprüft.
Die erhobenen Daten werden ausschließlich und nur als anonymisierte und nicht identifizierbare aggregierte Gesamtdaten veröffentlicht.
Der DAV e.V. trägt Sorge dafür, dass die von ihm geführten Marktinformationsverfahren und sonstigen Statistiken den rechtlichen Vorgaben entsprechen.
4. Positionspapiere, Merkblätter, Richtlinien und Empfehlungen, Rundschreiben
Der DAV e.V. stellt sicher, dass seine Merkblätter, Richtlinien und Empfehlungen keine kartellrechtlich bedenklichen Inhalte und Formulierungen enthalten.
Der DAV e.V. sorgt ebenfalls dafür, dass durch ihn verbreitete Informationen und Rundschreiben kartellrechtlich unbedenklich sind.
Empfehlungen des Verbandes werden in einem offenen, transparenten und nicht-diskriminierenden Verfahren erarbeitet. Der DAV stellt diese Empfehlungen seinen Mitgliedern ausdrücklich unverbindlich zur Anwendung zur Verfügung.
Die Grundsätze dieses Leitfadens gelten entsprechend für alle Veröffentlichungen des Verbandes wie Leitfäden, Broschüren, Pressemeldungen sowie die vom Verband herausgegebene Zeitschrift „asphalt“.
5. Selbstveranlagung
Alle Aktivitäten, die grundsätzliche wettbewerbliche Relevanz aufweisen (also Wettbewerber in ihrer Wettbewerbsfreiheit beschränken oder beschränken könnten) und nicht eindeutig
- unzulässige Aktivitäten (2.3.1) bzw.
- zulässige Aktivitäten (2.3.2) sind,
sollten im Rahmen einer Eigenveranlagung, in der Regel also durch externe Vergabe an kartellrechtskundige Rechtsanwälte, geprüft werden.
Berchtesgaden, im Februar 2018