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Beispiel Rednitzhembach

Der Weg zu guten Straßen

„Wer etwas will, sucht Wege, wer etwas nicht will, sucht Gründe“, prangt ein Schild im Dienstzimmer von Jürgen Spahl, Bürgermeister der Gemeinde Rednitzhembach, im mittelfränkischen Landkreis Roth. Es gibt wenige Rathäuser, wo diese Worte auf so fruchtbaren Boden gefallen sind wie hier. Denn Rednitzhembach hat es geschafft: Die kleine Gemeinde ist schuldenfrei. Dabei sah die Zukunft der Stadt einst sehr düster aus: „Uns drückte eine Schuldenlast von rund 5 Mio. Euro“, berichtet Spahl. „Irgendwann war dann klar, dass wir so nicht weiter machen können. Da hatten wir die Wahl, entweder jammern oder etwas ändern!“

Gemeindewerke als GmbH

Geändert hat er viel, der parteilose Bürgermeister, der bei der letzten Kommunalwahl immerhin gut 93 % der Stimmen auf sich vereinen konnte. Zentraler Punkt war zunächst die Umwandlung und Konsolidierung der Gemeindewerke in eine GmbH. Das war vor rund zwölf Jahren. Damit war es der vormals städtischen Einrichtung möglich, wie als Unternehmen auf dem freien Markt u.a. mit Zulieferern und Dienstleistern Verhandlungen zu führen. Dinge die den Gemeindewerken vorher untersagt waren. Mit dieser Entscheidung hatte die 7.000 Einwohner Gemeinde den Grundstein zur Schuldenfreiheit gelegt.

Erhaltung statt Flickschusterei

Neben der Umwandlung der Gemeindewerke beschreitet Rednitzhembach aber auch in der Erhaltung der Gemeindestraßen wenig benutzte Wege. Wurden früher kleine Risse in der Fahrbahnoberfläche wie auch andernorts üblich mit Bitumenemulsionen abgespritzt, werden die Verkehrsflächen der Gemeinde nun in der Regel vollflächig saniert. „Unsere Straßen werden auch dann wieder voll Instand gesetzt, wenn die Mängel noch nicht offensichtlich sind“, legt Rüdiger Schultze vom Bauamt dar. Auf diese Weise ist es meistens ausreichend, lediglich die Deckschicht abzufräsen und zu sanieren. Asphaltbinder- und -tragschicht müssen nur in Ausnahmefällen, beispielsweise bei Kanalarbeiten, ausgebaut werden. „Auf lange Sicht ist es viel günstiger, Straßen komplett zu sanieren, als Flickschusterei zu betreiben“, so Spahl.
Damit dieses System, die Asphaltdeckschicht als Verschleißschicht anzusehen, funktioniert, musste das Bauamt zunächst bestehende Gemeindevorschriften abändern. „In der Vergangenheit wurden unsere Straßen alle nach Bauklasse VI gebaut. Wir haben das geändert und bauen nun nach Bauklasse IV“, so Schultze. So konnte die Haltbarkeit der Gemeindestraßen wesentlich optimiert werden.

Keine Mehrbelastung

Für den Weg aus der Schuldenfalle gab es in Rednitzhembach aber auch eine strikte Vorgabe: Mehrbelastungen für die Bürger mussten vermieden werden. Und auch dies sieht man in der kleinen Gemeinde unter Kostenersparnis. „Würden auf die Bürger Mehrbelastungen zukommen, müssten die Gemeinde sich gegen Widersprüche und Klagen zur Wehr setzten und hätte höhere Verwaltungskosten“, rechnet Spahl pragmatisch vor.

Für die Bürger keine Mehrbelastungen und trotzdem gespart, wie soll das gehen? „Die Antwort zum Erfolg lautet hierbei `Kommunikation´“, so Spahl. Zu Beginn jeder Straßenbaumaßnahme steht eine intensive Planungsphase. Hierfür werden alle Beteiligten an einen Tisch geholt: Anwohner, Gas- und Stromversorger sowie Telekommunikationsunternehmen. In gemeinsamen Besprechungen wird erörtert, wer zukünftig was in dem entsprechenden Straßenabschnitt plant. Soll beispielsweise ein neues Haus gebaut, eine neue Wasserleitung verlegt oder die Telefonleitung verstärkt werden? Entsprechende Arbeiten können dann meistens vorgezogen werden oder das Bauprojekt wird verschoben. So entfällt ein großer Teil von Aufgrabungen, die einerseits das Straßenbild verschlechtern und andererseits auch die geschlossene, ebene Fahrbahnoberfläche stören. „Diese Vorgehensweise bedeutet für die Gemeinde rund 30 % Einsparungen“, erläutert Spahl.
Darüber hinaus bietet die Asphaltdeckensanierung aber noch weitere Vorteile für Rednitzhembach. Die Bauzeiten werden wesentlich verkürzt und somit reduzieren sich auch die Verwaltungskosten. Zudem sind die Straßen auch nach dem Abfräsen noch befahrbar und stellen für Anwohner und Geschäftsleute keine Beeinträchtigung dar.

Rednitzhembach – Schulden- und Schlaglochfrei

Die Ergebnisse des Erhaltungsmanagement können sich in Rednitzhembach sehen lassen. Als nach dem vergangenen Winter ein Fernsehteam des ARD-Wirtschaftsmagazins „Plusminus“ den Ort besuchte, um über die schuldenfreie Gemeinde zu berichten, gab es für die Journalisten eine kleine Enttäuschung. „Der zuständige Redakteur wollte noch eine Straßenbaumaßnahme filmen, bei der wir ein Schlagloch ausbessern“, erinnert sich Spahl schmunzelnd. „Leider musste ich ihm da aber mitteilen, dass auf unseren 40 km Gemeindestraßen nicht ein einziges Schlagloch aufgetreten ist“. Ein Erfolg, der dem Bürgermeister Recht gibt.

Das das Prinzip „Rednitzhembach“ nicht auch von anderen Gemeinden umgesetzt wird, hat laut Spahl im Wesentlichen zwei Ursachen: Erstens stösst er bei seinen Kollegen immer wieder auf Unglauben, dass der eingeschlagene Weg tatsächlich funktioniert und zweitens muss bei der Privatisierung der Gemeindewerke der Gemeinderat auf einen Teil seiner Einflussnahme verzichten. Aber auch da hat Rednitzhembach eine Lösung gefunden: Jede größere Baumaßnahme wird von einem kleinen Beirat begleitet, in den jede Fraktion ein Mitglied entsendet. Dieser Beirat unterstützt die Gemeindewerke bei dem entsprechenden Bauvorhaben. „Da wird zum Beispiel entschieden, welche Fliesen bei der Schulsanierung zum Einsatz kommen oder ähnliches“, erläutert Spahl.
Rednitzhembach hat seinen Weg gefunden und Bürgermeister Spahl hofft, dass noch viele Gemeinden seinem Beispiel folgen. „Wenn kein Geld da ist, hilft alles Jammern nichts, dann muss man die Dinge selbst in die Hand nehmen“, so Spahl und deutet auf den Spruch an der Wand in seinem Dienstzimmer: „Wer etwas will, sucht Wege, wer etwas nicht will, sucht Gründe“.