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3. Grundlagen der Qualitätsorganisation

Zweck und Inhalt

Zur Abwicklung einer Straßenbaumaßnahme benötigen alle Beteiligten „Werkzeuge“ und Hilfsmittel. Diese sind in Verfahrensbeschreibungen, Empfehlungen, Hinweisen, Richtlinien und Ausführungs- oder Anforderungsbestimmungen enthalten. Die Gesamtheit der „Werkzeuge“ und Hilfsmittel wird als Technisches Regelwerk bezeichnet.

Das Technische Regelwerk umfaßt 

  • Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen, VOB Teil A, DIN 1960
  • Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen, VOB Teil B, DIN 1961
  • Allgemeine Technische Vertragsbedingungen (ATV), VOB Teil C, DIN 18299, DIN 18315 bis 18318 sowie die darin aufgeführten Regelwerke
  • Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen (ZTV) ZTV Asphalt-StB, ZTVT-StB, ZTV BEA-StB usw.
  • Regional erforderliche Ergänzungen der Länder zu den ZTV
  • Technische Lieferbedingungen (TL)
  • Technische Prüfvorschriften (TP)
  • Richtlinien als Vorgaben für den Auftraggeber zu Entwurf, Bauvorbereitung, Bauabwicklung usw.
  • Merkblätter, Hinweise, Empfehlungen als allgemeine Beschreibungen und Erläuterungen
  • DIN-Normen (künftig Europäische Normen EN) sind zumeist in den anderen Regelwerken benannt

 Das Technische Regelwerk bietet dem Planer (AG) praktisch wie eine Speisekarte die Möglichkeit, ein Menü von Zielvorgaben zusammenzustellen, welches seinen Vorstellungen entspricht. Gleichzeitig enthält es die Regeln für die Aufstellung von Ausschreibungsunterlagen und die Vergabe von Bauleistungen. Dem Bauunternehmer wie auch den Lieferanten gibt es den Rahmen vor, innerhalb dessen sie sich bewegen müssen, um die für die Erreichung der Zielvorgaben notwendigen Maßnahmen zu auszuführen.

Bewertungsmaßstäbe

Qualität sollte möglichst einheitlich und vergleichbar bewertet werden können. Ein wesentlicher Teil des Technischen Regelwerkes befaßt sich daher mit der Prüftechnik. Eine Technische Anforderung wird als Kennzeichen oder Eigenschaft angesprochen, die man über eine Prüfgröße beurteilt. Zur Ermittlung der Prüfgröße müssen wiederum ein Prüfverfahren und entsprechende Prüfgeräte zur Verfügung stehen. Hierzu ein kurzes Beispiel:

Bei einer hochbelasteten Asphaltstraße wird unter anderem eine dauerhafte Ebenheit (= technische Vorgabe) gefordert. Die Eigenschaft, mit der man im Labor eine Aussage über die voraussichtliche Einhaltung dieser Anforderung gewinnen kann, ist die Verformungsbeständigkeit der beabsichtigten vorgesehenen Asphaltzusammensetzung. Die Verformungsbeständigkeit prüft man im Labor beispielsweise mit Hilfe des Spurbildungsversuches. Als Ergebnis erhält man eine Spurrinnentiefe in [mm], die sich an einer Asphaltprobe aufgrund einer genau festgelegten Beanspruchung einstellt.

Zur abschließenden objektiven Beurteilung eines Prüfwertes fehlen allerdings noch zwei Dinge. Zum einen muß die Präzision des Prüfverfahrens und damit des Ergebnisses bekannt sein. Zum anderen muß ein Bewertungsmaßstab existieren, mit dessen Hilfe das Prüfergebnis eingeordnet werden kann. Der Bewertungsmaßstab stellt gleichzeitig den Bezug zwischen dem Labor- und dem Praxisverhalten her.

Wichtige Beispiele aus dem Technischen Regelwerk

Bewertungsmaßstäbe können Anforderungsnormen, wie z. B. der DIN 1995 (für Straßenbaubitumen), oder anderen Regelungen mit Anforderungscharakter, wie z. B. den ZTV Asphalt–StB (für Asphaltdecken) oder den TL Min–StB (für Mineralstoffe), entnommen werden.

Fortschreibung/Aktualisierung

Die Bearbeitung, Änderung oder Ergänzung des Technischen Regelwerkes geschieht überwiegend in Gremien der Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) oder in Normenausschüssen des DIN.

Mitwirkende sind hierbei Fachleute der 

  • Straßenbauverwaltung
  • Bauunternehmen
  • Asphalthersteller
  • Prüfinstitute
  • Mineralstoff- und Bindemittelproduzenten
  • Hochschulen.

 Aufgrund Mitarbeit aller Beteiligten aus Forschung, Entwicklung und Anwendung fließt praktisch die Summe aller Erfahrungen in das Technische Regelwerk ein. Wesentliche Erkenntnisse können so möglichst schnell umgesetzt und dem Asphaltstraßenbau zur Verfügung gestellt werden.

Auch wenn immer wieder Kompromisse zwischen dem theoretisch Wünschenswerten und dem praktisch Machbaren gesucht werden, so handelt es sich stets um Kompromisse auf möglichst hohem Niveau, die von allen mitgetragen werden.

Nirgendwo anders kommt so deutlich zum Ausdruck, daß das Erreichen anforderungsgerechter Qualität als gemeinsames Ziel verstanden und verfolgt wird. Dieses gemeinsame Interesse und Handeln muß verstärkt in die Baumaßnahmen selbst übertragen werden.

Anwendung

Die strenge Anwendung des Technischen Regelwerkes ist nicht unbedingt immer mit dem aktuellen Stand der Kenntnis verbunden. Die Umsetzung neuer Erkenntnisse in das Regelwerk benötigt immer eine gewisse Zeit. So ist es zu begrüßen, das immer wieder Straßenbauverwaltungen und Baufirmen neue Verfahren oder Bauweisen erproben und somit einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung im Straßenbau leisten.

Ebenso ist es aber wichtig, daß die Informationen über neue Erkenntnisse zu den Anwendern gelangen und deren Wissen über den Stand der Technik möglichst aktuell ist. Die Beschaffung oder Verteilung der Informationen zur Anpassung an den Stand der Technik ist Voraussetzung dafür, daß bauausführende Firmen als „Fachfirmen“ handeln können. Planende Stellen können mit Hilfe dieser Informationen z. B. neue Bauweisen oder Verfahren berücksichtigen, welche die angestrebten Qualitätsziele sicherer oder wirtschaftlicher erreichen.

Gerade in der Ausschreibungspraxis besteht ein Nachholbedarf. Allzu oft werden Baumaßnahmen über Standardtexte beschrieben, in denen auf längst überholte Regelwerke verwiesen wird.

Europäische Normen

Das technische Regelwerk befindet sich derzeit im Umbruch. Dieser wird durch die Harmonisierung der Normen der einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union hervorgerufen. Die Vereinigung zahlreicher unterschiedlicher Regelungen bietet Gefahren und Chancen gleichermaßen. Zum einen muß darauf geachtet werden, daß die auf die deutschen Verhältnisse abgestimmten, bewährten Qualitätsmaßstäbe nicht nachteilig verändert werden. Zum anderen können Erkenntnisse anderer europäischer Länder auf eine qualitätsfördernde Anwendung in Deutschland überprüft werden.

Diese Entwicklung führt weg von den „empirischen“ Prüfverfahren, die die stoffbeschreibenden Kennwerte, wie z. B. Bindemittelgehalt oder Korngrößenverteilung betreffen. Der Schwerpunkt wird immer stärker auf die „fundamentalen“ Eigenschaften verlagert. Hierunter sind die Eigenschaften zu verstehen, die ein Asphaltmischgut eingebaut und verdichtet, d. h. als fertige Schicht im Gebrauchsverhalten zeigt. Als Beispiele seien die Verformungsbeständigkeit oder das Kälteverhalten genannt.

Bis zur geplanten Einführung europäischer Normen für Asphalt gilt es, die vertragsrechtlichen Regeln so umzugestalten, daß ein reibungsloser Übergang ermöglicht wird. Diese Problematik wird ebenfalls in Gremien der FGSV behandelt. Speziell müssen hier die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen überarbeitet werden.